Nachlasspflegschaft beim Tod des Mieters
Dem Antrag eines Gläubigers (hier: Vermieters) auf Bestellung eines Nachlasspflegers nach dem Tode eines Mieters muss auch dann stattgegeben werden, wenn im Nachlass keine ausreichenden Mittel zur Bezahlung des Nachlasspflegers vorhanden sind und der Gläubiger eine Vorschussleistung ablehnt. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des OLG Dresden hervor (OLG Dresden, Beschl. v. 09.12.2009 - 3 W 1133/09, DWW 2011, 19).
Der Fall:
Die Antragstellerin war Vermieterin der am 12.06.2009 alleinstehend verstorbenen Mieterin, die offenbar kein Testament und auch kein nennenswertes Vermögen hinterlassen hatte. Das Nachlassgericht war im laufenden Verfahren noch damit beschäftigt, die gesetzlichen Erben zu ermitteln. Dazu wurden auch verschiedene als Erben in Betracht kommende Personen angeschrieben, zu dem im laufenden Verfahren aber noch keine Ergebnisse vorlagen. Die Vermieterin hatte mit Schreiben vom 01.10. und 22.10.2009 beantragt einen Nachlasspfleger einzusetzen, um die Wohnung räumen zu lassen, neu zu vermieten und rückständige Mietansprüche geltend machen zu können. Das AG Leipzig hatte den Antrag mit Beschluss vom 26.10.2009 zurückgewiesen, da ein die Vergütungen und Auslagen des Nachlasspfleger deckender Nachlass nicht erkennbar sei. Dagegen wandte sich die Vermieterin.
Die Entscheidung:
Die Vermieterin hatte erst beim OLG Dresden mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des AG Leipzig - Nachlassgericht - vom 26.10.2009 Erfolg. Das OLG Dresden hielt den Antrag der Vermieterin nach § 1961 i. V. m. § 1960 Abs. 1 BGB für begründet. Es sah das erforderliche Rechtsschutzinteresse der Vermieterin für einen derartigen Antrag als gegeben an, da die Vermieterin aufgrund der noch ungeklärten Erbfolge außerstande sei, das nach dem Tode noch fortbestehende Mietverhältnis gemäß § 564 S. 2 BGB zu kündigen. Der Antrag der Vermieter könne auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil ein die Vergütung und Auslagen des Nachlasspflegers deckender Nachlass nicht vorhanden sei. Denn § 1961 BGB gebe nichts dafür her, dass ein die voraussichtlichen Kosten des Nachlasspflegers deckender Nachlass oder jedenfalls ein in entsprechender Höhe entrichteter Vorschuss des Gläubigers ungeschriebene Voraussetzung dafür sei, einen Nachlasspfleger zu bestellen. Es fehle damit an einer gesetzlichen Grundlage, die es erlauben würde, den Bestellungsantrag des Gläubigers abzulehnen wenn sich dieser weigert, die besagten Kosten zu tragen und vorzuschießen. Vielmehr richte sich der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers gegen die Staatskasse, wenn der Nachlass mittellos sei. Die Staatskasse könne dann bei den Erben Regress nehmen.
Konsequenzen für die Praxis:
Mit dieser Entscheidung ändert das OLG Dresden seine bisherige Rechtsprechung. Bislang war es Praxis der Nachlassgerichte, Anträge von Vermietern auf Bestellung eines Nachlasspflegers nach dem Tode von Mietern deshalb abzulehnen, weil Vermieter nicht bereit oder in der Lage waren, die voraussichtlichen Kosten des Nachlasspflegers vorzuschießen. Mit dem vom OLG Dresden ausführlich begründeten Beschluss sollte es nunmehr für Vermieter einfacher möglich sein, einen Nachlasspfleger zu beantragen, damit diesem gegenüber das Mietverhältnis gekündigt, die Wohnung geräumt und schließlich weiter vermietet werden kann. Mit dem Antrag sollten eine Kopie des Mietvertrag eine Übersicht oder auch eidesstaatliche Versicherung über nicht gezahlte Mieten beigelegt werden. Gleichzeitig sollte mitgeteilt werden, dass der Vermieter beabsichtigt, das Mietverhältnis zu kündigen. Dann wird für das Nachlassgericht zusätzlich deutlich, für welchen Aufgabenkreis der Nachlasspfleger bestellt werden soll. Das kann Kosten sparen, die den möglicherweisen dürftigen Nachlass zusätzlich belasten.
Die Entscheidung des OLG Dresden knüpft an die bisher anderweitig vorliegende Instanzrechtsprechung an. Diese ist ebenfalls überwiegend der Meinung, dass für eine Kostenvorschusspflicht ein Gläubigers (Vermieters) keine gesetzliche Grundlage bestehe. Darüber hinaus ist die häufig zu beobachtende Praxis der Nachlassgerichte, hinsichtlich der Wohnung eine "Freigabe" zu erklären, als unzulässig anzusehen. Das Nachlassgericht darf für (unbekannte) Erben in diesem Fall gesetzlich nicht handeln. Außerdem ist es unzulässig, wenn ein Nachlassgericht einfach darauf verweist, dass sich ein Vermieter die beim Nachlassgericht hinterlegten Wohnungsschlüssel abholen könne.
Haus & Grund Leipzig | RA Eric Lindner
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