Wirklich ein neuer Paukenschlag aus Karlsruhe?
In den Medien werden die gestern verkündeten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs als neuer "Paukenschlag" aus Karlsruhe bezeichnet (BGH, Urteile vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13). Bei genauerem Hinsehen ist dabei nicht alles neu. Haus & Grund beantwortet hier die wichtigsten Fragen für Vermieter in einer Schnellübersicht.
Die Schnellübersicht für Vermieter: Was ist noch zulässig?
1. Was kann in Wohnraummietverträgen überhaupt noch vereinbart werden?
Vermieter können nach wie vor allgemein eine Renovierungsklausel (Schönheitsreparaturen) vereinbaren. Juristisch wird dies "Grundabrede" zu den Schönheitsreparaturen oder "allgemeine Schönheitsreparaturklausel" genannt. Diese muss vor allem die seit 2004 aufgestellten Grundsätze des BGH beachten (keine starren Fristen, keine Farbvorgaben während der Laufzeit etc.).
Neu ist nun, dass diese Grundabrede unwirksam ist, wenn der Mieter die Wohnung zu Mietbeginn unrenoviert übergeben bekommen hat. Dieser Aspekt hat sich bereits seit Januar 2014 abgezeichnet. Der BGH hatte dies damals angekündigt. Haus & Grund hatte darüber 2014 informiert (Seminar "Aktuelles Miet- und Immobilienrecht" 2014). Ergebnis: Die allgemeine Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen (Grundabrede) ist nur noch wirksam, wenn die Wohnung renoviert übergeben wurde (vgl. Langenberg, NZM 2014, 299 [302]; Lehmann-Richter, NZM 2014, 818 [819]).
2. Was gilt bei einer unrenoviert übergebenen Wohnung?
Wird einem Mieter eine Wohnung unrenoviert vom Vermieter übergeben, kann der Vermieter am Mietende nicht verlangen, dass die Wohnung renoviert zurückgegeben wird. Denn der Mieter soll nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung belastet werden, die bereits in einem vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind, so der BGH.
3. Was ist, wenn der Mieter einen Ausgleich für Renovierungsarbeiten erhält?
Erhält der Mieter bei Einzug in eine unrenovierte Wohnung vom Vermieter einen angemessenen Ausgleich für die nötigen Renovierungsarbeiten, gilt die Wohnung als "renoviert" vom Vermieter übergeben. Der finanzielle Ausgleich muss gleichwertig zu den nötigen Renovierungsarbeiten sein. Das kann auch ein befristeter Erlass der Kaltmiete nach Einzug sein. Wichtig ist hier, dass die Vertragsparteien Art und Umfang der erforderlichen Renovierungsarbeiten sowie den daraus abgeleiteten finanziellen Ausgleich festhalten. Dann ist der Vermieter am Mietende in der Lage zu beweisen, dass die Wohnung dem Mieter "renoviert" übergeben wurde und der gewährte Ausgleich gleichwertig war.
4. Was ist mit sog. Quotenklauseln oder Abgeltungsklauseln in Mietverträgen?
Quotenabgeltungsklauseln sind nun endgültig unwirksam. Angekündigt hatte dies der BGH im Januar 2014. Dies gilt für Alt- wie für Neuverträge. Nach dem BGH kann der auf den Mieter entfallende Kostenanteil nicht verlässlich ermittelt werden. Für den Mieter sei es bei Vertragsschluss nicht klar, welche Belastung gegebenenfalls auf ihn zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen wurde.
5. Macht eine unwirksame Quotenklausel auch die allgemeine Renovierungsklausel unwirksam?
Nein. Eine Unwirksamkeit der Quotenklausel wirkt sich nicht auf die allgemeine Schönheitsreparaturklausel aus. Dies hat der BGH bereits mehrfach entschieden. Dabei bleibt es. Die Wirksamkeit beider Klauseln ist separat zu untersuchen. Hauptaugenmerk der Prüfung liegt nun aber auf der allgemeinen Schönheits- reparaturklausel und bei der Frage, ob die Wohnung renoviert übergeben wurde.
6. Was kann am Mietende noch vom Mieter verlangt werden?
Dies hängt davon ab, was im Mietvertrag vereinbart wurde. Viele Renovierungsklauseln – auch in Altverträgen – sind nach wie vor wirksam. Eine ganze Reihe von Formularklauseln in Altverträgen ist hingegen auch in der Zwischenzeit unwirksam geworden. Neu ist nun, dass eine bislang wirksame allgemeine Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist, wenn der Mieter die Wohnung unrenoviert übernommen hat (siehe oben, Ziff. 1 und 2).
Entscheidend ist die konkrete Formulierung im Mietvertrag. Ist darin eine wirksame Renovierungsklausel enthalten, kann vom Mieter verlangt werden, dass er am Mietende Renovierungsarbeiten ausführt oder ausführen lässt, wenn ein Renovierungsbedarf in einzelnen oder allen Räumen der Wohnung festgestellt werden kann. Zusätzlich muss nun noch geprüft werden, ob der Mieter die Wohnung zu Mietbeginn renoviert übergeben bekommen hat.
Gibt der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurück, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird, besteht ein Schadensersatz- und Beseitigungsanspruch des Vermieters. Dies gilt auch, wenn die allgemeine Renovierungsklausel unwirksam ist (BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 48/09, NZM 2010, 157 Rn. 16; BGH, Urt. v. 06.11.2013 – VIII ZR 416/12, NZM 2014, 72 Rn. 13). Ein Schadensersatzanspruch besteht beispielsweise, wenn der Mieter die Wohnung in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) zurückgibt. Helle Farben und Pastelltöne lösen dagegen tendenziell keinen Schadensersatzanspruch aus. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Generell ist hierbei wichtig, den Zustand der Wohnung bei der Abnahme zu dokumentieren (Abnahmeprotokoll, Fotografien, Zeugen).
7. Haus & Grund-Mietvertragsformulare
Die Musterverträge von Haus & Grund enthalten eine wirksame allgemeine Renovierungsklausel. Die Quotenklausel bei Schönheitsreparaturen entfällt ab sofort. Dies ist seit heute im Online-Shop und in den Druckexemplaren berücksichtigt.
Haus & Grund Leipzig | RA Dr. Eric Lindner
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Haus & Grund berichtet ausführlich zu den Urteilen im Seminar am 11. Mai 2015
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