BGH: Ausschlussfrist für Betriebskosten gilt nicht bei offensichtlichem Versehen

Bei einem offensichtlichen Versehen (hier: Berücksichtigung von Sollvorauszahlungen statt niedrigeren tatsächlichen Vorauszahlungen) ist es dem Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den Ablauf der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB zu berufen (BGH, Urt. v. 30.03.2011 - VIII ZR 133/10, GE 2011, 814).

Bei einem offensichtlichen Versehen (hier: Berücksichtigung von Sollvorauszahlungen statt niedrigeren tatsächlichen Vorauszahlungen) ist es dem Mieter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den Ablauf der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB zu berufen (BGH, Urt. v. 30.03.2011 - VIII ZR 133/10, GE 2011, 814).

Seit Einführung der Ausschlussfrist über die Abrechnung von Betriebskosten im Jahre 2001 muss der Vermieter innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes gegenüber dem Mieter abrechnen. Wird diese Frist versäumt, sind spätere Nachforderungen grundsätzlich ausgeschlossen. Liegt allerdings ein offensichtliches Versehen des Vermieters vor, kann sich der Mieter nach Treu und Glauben ausnahmsweise nicht auf den Ablauf der Ausschlussfrist berufen.

Im Fall hatte eine Vermieterin die zukünftigen Betriebskostenvorauszahlungen erhöht, nachdem sie über die Betriebskosten gegenüber der Mieterin abrechnete. Die Vorauszahlungserhöhung akzeptierte die Mieterin zunächst aber nicht, bis sie durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Berlin zur Zahlung der erhöhten Vorauszahlungen verurteilt wurde.
In der nächsten Abrechnung, die im Ergebnis mit einem Guthaben für die Mieterin endete, führte die Vermieterin aus Versehen nicht die tatsächlichen Vorauszahlungen der Mieterin an, sondern einen höheren Betrag an ("...Sollvorauszahlungen..."). Nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigierte die Vermieterin die Abrechnung und forderte nun den sich ergebenden Nachzahlungsbetrag von der Mieterin, was diese verweigerte.

Das Landgericht Berlin gab der Mieterin Recht. Der Revision der Vermieterin gab der BGH aber statt. Er verwies auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wonach es der Mieterin bei diesem auf den ersten Blick erkennbaren Fehler verwehrt sei, der Vermieterin den Ablauf der Abrechnungsfrist für die später erfolgte Korrektur entgegenzuhalten.

Der Fall stellt auf die Umstände des Einzelfalles ab. Der Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB hat Ausnahmecharakter. Dennoch wird die aktuelle Entscheidung Diskussionen eröffnen, wann ein auf den ersten Blick erkennbarer Abrechnungsfehler vorliegt, den ein Mieter sofort erkennen kann und muss.

 

RA Eric Lindner

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