Haus & Grund lehnt Drittnutzer-Finanzierung für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ab
Bürgerticket für Leipzig?
Der Eigentümerverband Haus & Grund Leipzig lehnt eine direkte und indirekte Beteiligung privater Grundeigentümer an der Finanzierung des ÖPNV ab. Nach dem Willen des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) sollen künftig Drittnutzer, auch wenn sie selbst das Nahverkehrsangebot nicht nutzen, zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs herangezogen werden. In der Diskussion sind gegenwärtig fünf Modelle in Form von Sockelbeträgen, Fahrpreisreduzierungen oder einer Zwangsabgabe („Bürgerticket“). Speziell das „Bürgerticket“ soll an Wohnungsgrundflächen oder bebaute Flächen gekoppelt werden. Daneben wird die Anbindung an die Grundsteuer diskutiert.
Haus & Grund Leipzig lehnt die Einführung einer „Drittnutzer-Finanzierung“ für den Öffentlichen Personennahverkehr ab. Jede Form, ob als Abgabe oder neue oder erhöhte Steuer, hat für Immobilieneigentümer und/oder Mieter eine belastende Wirkung und erhöht die Kosten des Wohnens. Der Nutzen, der sich für Eigentümer, Mieter oder Gewerbetreibende durch die Nähe zum öffentlichen Nahverkehr ergibt, ist nur sehr schwer und über ein kompliziertes Erhebungsverfahren mess- und damit auch quantifizierbar. Für die Abschätzung des anfallenden Drittnutzens müssten verlässliche Bemessungsgrundlagen geschaffen werden. Insbesondere sind größere Untersuchungen zum Zusammenhang von Immobilienwerten und ÖPNV-Erschließung in Deutschland noch nicht vorhanden. Es fehlt somit eine solide Datengrundlage zur Abschätzung des Drittnutzens. Die Implementierung wäre folglich mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.
Darüber hinaus muss bei der Ermittlung der Grundstückswerte ein Ansatz gewählt werden, der die Faktoren, die den Wert beeinflussen, möglichst ganzheitlich erfasst. Eine Beschränkung allein auf die ÖPNV-Erschließung ist nicht möglich, weil auch negative Einflüsse, wie z. B. Lärm, auftreten können. Diese Gesamtrechnung, die Vor- und Nachteile genau quantifiziert, ist nach Ansicht von Haus & Grund Leipzig mit einem im Verhältnis zum Nutzen angemessenen Aufwand nicht möglich. Bisher fehlt es schon an einer grundlegenden Untersuchung, ob ein solcher Drittnutzen existiert.
Schließlich ist gerade die Grundsteuer ungeeignet als Einnahmeform. Denn diese steht nach Art. 106 Abs. 6 GG den Gemeinden zu. Da Steuern nicht zweckgebunden erhoben werden dürfen, fließen sie in den allgemeinen kommunalen Haushalt. Die Mehreinnahmen müssen folglich nicht wieder in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden. Die Einführung einer Drittnutzer-Finanzierung würde in Städten, die über eine gut ausgebaute Infrastruktur verfügen, jeden Bürger treffen. Sie wäre damit nur eine weitere Steuererhöhung. Auf der anderen Seite verlieren ländliche Regionen, die durch gezielte Infrastrukturmaßnahmen attraktiver gemacht werden könnten, diesen Vorteil durch die gleichzeitige weitere finanzielle Belastung. Schon heute fließen erhebliche Millionenbeträge in den Nahverkehr, die von den Bürgern über Steuermittel aufgebracht werden. Die Verkehrsbetriebe dürfen nicht aus der Verantwortung entlassen werden, für Effizienz, Attraktivität und ausreichende Kapazitäten zu sorgen.