Grundsteuer erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand
Vorgeschichte
Schon unter den Kanzler Helmut Schmidt arbeiteten das Bundesfinanzministerium und auch die Bundesländer an der Grundsteuerreform. Als dessen Nachfolger Helmut Kohl die Verträge zur deutschen Einheit aushandelte, wurde die schon lange vermutete Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte berücksichtigt. Im Beitrittsgebiet wurden deshalb die Einheitswerte der DDR beibehalten, weil es Unsinn gewesen wäre, mit großem Verwaltungsaufwand ein lang als ver-fassungswidrig erkanntes System im Osten einzuführen. Inzwischen wird mit ungleich größerem Verwaltungsaufwand, aber auch mit dem durchschlagenden Erfolg ständig steigender Steuereinnahmen das DDR-Recht gepflegt. Bei diesem DDR-Recht handelt es sich genau ge-nommen um Reichsrecht der Vorkriegszeit. Da das Damoklesschwert der Verfassungsrichter die Einheitswerte stets verschonte, blieb es dabei, dass bis heute im Westen die Einheitswerte nach Wertverhältnissen von 1964 und im Osten nach Wertverhältnissen von 1935 ermittelt werden. Ein so weit zurückliegender Zeitpunkt ist im Laufe der Jahre mit den tatsächlichen aktuellen und realen Verhältnissen immer weniger kompatibel.
Bereits im Jahr 2004 legten der bayerische Staatsminister für Finanzen und der Minister für Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz einen Bericht zur Reform der Grundsteuer vor. Seither gab es viele Arbeitsgruppen und auch Vorschläge für eine Reform der Grundsteuer. Nur passiert ist leider nichts!
Neuer Anlauf in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit
Die Grundsteuer ist, soweit sie auf Grundlage der Einheitswerte erhoben wird, möglicherweise verfassungswidrig. Dies hatte im vergangenen Jahr bereits der Bundesfinanzhof (BFH) ent-schieden, und zwar für Stichtage nach dem 1. Januar 2007. Jetzt ist zu der Frage eine Verfas-sungsbeschwerde anhängig (Az. 2 BvR 287/11). Immobilieneigentümer können unter Hinweis auf dieses Verfahren ihre Grundsteuerfestsetzungen offen halten.
Grundsätzlich wird die Grundsteuer in einem zweistufigen Verfahren erhoben: Zunächst ermittelt die örtliche Finanzbehörde den Wert des zu besteuernden Grundstücks (Einheitswertermittlung) und erlässt einen sogenannten Steuermessbescheid. Auf Grundlage dieses Bescheides erlässt dann die Gemeindeverwaltung in einem zweiten Schritt den eigentlichen Grundsteuerbescheid, der dem Grundstückseigentümer zugestellt wird. Um die Festsetzung der Grundsteuer jetzt offen zu halten, bestehen aufgrund der beschriebenen unterschiedlichen Steuererhebungsverfahren verschiedene Möglichkeiten.
Die einfachste Möglichkeit ist der Einspruch gegen den Steuermessbescheid beim Finanzamt. Dies kommt aber nur in den Fällen in Betracht, in denen überhaupt noch kein bestandskräftiger Steuer(mess)bescheid vorliegt. So kann im Falle der erstmaligen oder geänderten Festsetzung der Grundsteuer gegen den Messbescheid des Finanzamtes innerhalb eines Monats nach Zu-stellung Einspruch eingelegt werden. Im Einspruch sollte auf die mögliche Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung und die Verfassungsbeschwerde hingewiesen und gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Dann muss die Finanzbehörde die Entscheidung über den Einspruch zurückstellen, bis die Karlsruher Richter urteilen (§ 363 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung). Im Einspruchsverfahren erheben die Finanzbehörden außerdem keine Gebühren. Eine Aussetzung der Vollziehung wird allerdings nicht gewährt, d. h. Grundsteuern sind zunächst zu zahlen.
Immobilieneigentümer, die bereits einen bestandskräftigen Grundsteuermessbescheid haben, können beim Finanzamt einen Antrag auf Änderung/Aufhebung des Grundsteuermessbescheides stellen. Dieser Antrag sollte ebenfalls mit dem Hinweis auf die eingelegte Verfassungsbe-schwerde und einem Antrag auf Ruhen des Änderungsverfahrens verbunden werden.
Sollten die Finanzbehörden die Änderungsanträge trotzdem zurückweisen, kann gegen die ablehnende Entscheidung unter Hinweis auf die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Auch im Rahmen dieses Antrags bei den Finanzämtern fallen keine Kosten an.
Eine weitere, allerdings kostenträchtige Möglichkeit besteht in der Anfechtung des von der Gemeinde erlassenen kommunalen Grundsteuerbescheids. Da es sich in diesem Fall um ein Verwaltungsverfahren handelt, für das die jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten, kann es schon im Widerspruchsverfahren zu Kosten kommen. Das mit einer Klage bzw. einem Widerspruchsverfahren verbundene Prozess- und Kostenrisiko trägt zunächst der Eigentümer. Ein weiterer Nachteil dieser Verfahrensweise ist, dass der Verweis auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde häufig nicht das Ruhen des Verfahrens zur Folge hat. Denn für das Verwaltungsverfahren gilt die Abgabenordnung nicht. Deshalb sind die Gemeinden gesetzlich nicht verpflichtet, die Entscheidung über Widersprüche zurückzustellen.