Zulässigkeit der Verlängerung des Abrechnungszeitraums?
BGH, Urt. v. 27.07.2011 – VIII ZR 316/10, Info M 2011, 313
Vermieter und Mieter können zulässigerweise vereinbaren, dass der Abrechnungszeitraum einmalig über zwölf Monate hinaus verlängert wird, wenn dies dazu dient, den Abrechnungsturnus auf das Kalenderjahr umzustellen.
Der Fall: Der Abrechnungszeitraum für eine Wohnung war jeweils der 01.06.-31.05. Im Sommer 2008 vereinbart die für die Vermieterin bestellte Betreuerin mit dem Mieter, dass der Abrechnungszeitraum (statt 01.06.2007-31.05.2008) einmalig um sieben Monate, und zwar vom 01.06.2007-31.12.2008, verlängert wird. Dadurch sollte der mit Betriebskostenabrechnungen überforderten Betreuerin mehr Zeit für die Abrechnung und eine Umstellung des Abrechnungszeitraums auf das Kalenderjahr ermöglicht werden. Im November 2009 wird aus der Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 01.06.2007-31.12.2008 die resultierende Nachzahlung von etwa 700 € gegen den Mieter geltend gemacht. Damit hat der Vermieter in zweiter Instanz keinen Erfolg.
BGB § 556 Vereinbarungen über Betriebskosten
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von […] Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Die Entscheidung: Die Revision ist erfolgreich. Der BGH ist der Auffassung, dass die Verlängerung der Abrechnungsperiode auf 19 Monate wirksam sei. Die bislang herrschende Auffassung zu dieser Frage sei nicht vom Sinn und Zweck des § 556 Abs. 4 BGB gedeckt. Vielmehr sei eine einzelfallbezogene Verlängerung zum Zwecke der Umstellung auf eine kalenderjährliche Abrechnung zulässig. Denn eine solche Verlängerung diene auch dem Interesse des Mieters. Der möglicherweise einmalig erhöhte Überprüfungsaufwand des Mieters wäre dadurch ausgeglichen, dass zukünftige Abrechnungen nach dem Kalenderjahr besser als bisher prüfbar seien.
Konsequenzen für die Praxis: Mit der aktuellen Entscheidung stellt sich der BGH gegen die bislang herrschende Auffassung. Bislang war streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen die Parteien überhaupt einen längeren Abrechnungszeitraum vereinbaren können. Die überwiegende Auffassung ging dahin, dass eine Verlängerung des Abrechnungszeitraums ausnahmslos unzulässig sei (dazu Hartmann, Info M 2012, 313). Dem folgt der BGH nicht. Der BGH verfolgt in dieser Frage einen pragmatischen (und vermieterfreundlichen) Ansatz.
Dennoch darf nicht übersehen werden, dass der BGH das Ergebnis der Entscheidung auf zwei Argumente stützt: die Verlängerung muss zumindest auch mieternützlich sein und einmalig "begründet" sein. Sofern ausschließlich aus der Risikosphäre des Vermieters stammenden Gründe ohne Mieternutzen (z. B. Eigentumswechsel oder "Zeitgewinn" für die Abrechnungserstellung) vorliegen, dürfte es trotzdem unzulässig sein, den Abrechnungszeitraum zu verlängern (Hartmann, Info M 2012, 313). Außerdem dürfte weiterhin die einseitige Umstellung des Abrechnungszeitraums problematisch sein, da der BGH hier zu einer einvernehmlichen Verlängerung entschieden hat.