Rückwirkende Grundsteuernachfestsetzung: Wann verjährt die Nachforderung des Vermieters?

Die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist für eine Betriebskostennachforderung des Vermieters aufgrund einer Nachberechnung rückwirkend festgesetzter Grundsteuern beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Nachberechnung dem Mieter zugeht. Dazu hat aktuell das Landgericht Berlin entschieden (LG Berlin, Urt. v. 14. 05.2012 – 67 S 344/11, Info M 2012, 323).

LG Berlin, Urt. v. 14. 05.2012 – 67 S 344/11, Info M 2012, 323 (nicht rechtskräftig)
Die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist für eine Betriebskostennachforderung des Vermieters aufgrund einer Nachberechnung rückwirkend festgesetzter Grundsteuern beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Nachberechnung dem Mieter zugeht. Auf den Zugang der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung kommt es jedenfalls dann nicht an, wenn diese einen Hinweis auf die noch ausstehende Grundsteuernachfestsetzung enthält.

Der Fall: In Betriebskostenabrechnung für mehrere Jahre ist jeweils darauf hingewiesen, dass die Grundsteuerfestsetzung noch ausstehe. Im Jahre 2008 erhält der Vermieter einen rückwirkenden Grundsteuerbescheid, woraufhin er diese Position gegenüber den Mietern nachberechnet. Die daraus resultierenden Nachforderungen macht er im Jahre 2010 gerichtlich geltend. Der Mieter wendet ein, dass diese Nachforderungen verjährt seien, soweit es um Nachforderungen für Jahre bis einschließlich 2005 gehe.

BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Die Entscheidung: Die Zahlungsklage des Vermieters hatte in beiden Instanzen Erfolg. Zwar führe nach Auffassung des Gerichts nur der (erstmalige) Zugang einer formell ordnungsgemäßen Betriebkostenabrechnung dazu, dass der darin ausgewiesene Nachzahlungsbetrag fällig werde. Daraus lasse sich jedoch rechtlich nicht schlussfolgern, dass auch eine Nachforderung aus einer späteren Nachberechnung an Fälligkeit des ursprünglichen Abrechnungssaldos anknüpfte und an dessen Verjährung teilnehme. Hier liege vielmehr eine Teilabrechnung vor, zu der der Vermieter nicht verpflichtet, aber berechtigt sei. Jedenfalls dann, wenn die Betriebskostenabrechnung den Hinweis enthält, dass sie hinsichtlich der noch nicht festgesetzten Grundsteuer offen sei, sei klar erkennbar, dass eine Teilabrechnung vorliege. Die Nachforderungen von Grundsteuerkosten werde erst dann fällig, wenn diese Nachberechnung dem Mieter in einer Betriebskostenabrechnung zugeht. Überdies fehle dem Vermieter bis zur (endgültigen) Festsetzung der Grundsteuer die erforderliche Tatsachenkenntnis, an die der Beginn der Verjährungsfrist gekoppelt sei.

Konsequenzen für die Praxis: Vermieter dürfen nachträglich festgesetzte oder erhöhte Grundsteuern auch noch nach Ablauf der (ursprünglichen) Abrechnungsfrist gegenüber Mietern nachberechnen. Vermieter sind allerdings in diesem Falle gehalten, dies innerhalb von drei Monaten gegenüber den Mietern zu tun (BGH, Urt. v. 05.07.2006 – VIII ZR 220/05). Denn den verzögert oder verspätet eintreffenden Grundsteuerbescheid hat der Vermieter (in der Regel) nicht zu vertreten im Sinne von § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB (differenzierend Streyl, WuM 2011, 99). Umstritten ist jedoch nach wie vor, wann die Verjährung der aus der Nachberechnung resultierenden Betriebskostennachforderung beginnt. Einerseits wird hier vertreten, dass die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist mit Zugang der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung, die mit der erstmaligen Betriebskostenabrechnung fällig werde, eintrete (LG Rostock, ZMR 2009, 924; LG Düsseldorf, NZM 2010, 243). Dies ist jedoch abzulehnen.

Maßgeblich ist vielmehr, wann der Zugang der Nachberechnung gegeben ist. Für den (zunächst) ausgesparten Abrechnungsteil beginnt die Verjährung hingegen erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Nachberechnung dem Mieter zugeht (LG Berlin, GE 2004, 817; Both, jurisPR-MietR 18/2009 Anm. 4; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 13. Aufl., 2013, Rn. 3337a; Seldeneck, Info M 2012, 323). Darüber hinaus ist zu empfehlen, einen Nachberechnungsvorbehalt aufzunehmen (Seldeneck, Info M 2012, 323). Dieser kann dazu beitragen, Nachfragen und Diskussionen zu vermeiden, auch wenn nach wie vor offen ist, ob ein Nachberechnungsvorbehalt rechtlich überhaupt erforderlich ist.

Haus & Grund Leipzig | RA Dr. Eric Lindner

 

Anmerkung vom 23.12.2012:

Der BGH hat inzwischen (dogmatisch richtig) im Sinne des LG Berlin entschieden (BGH, Urt. v. 12.12.2012 - VIII ZR 264/12, Pressemitteilung 207/2012).

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