BGH: Zur Auslegung einer Kündigungsverzichtsklausel in Wohnraummietverträgen
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.11.2011 (BGH, Urt. v. 23.11.2011 - VIII ZR 120/11) die Voraussetzungen eines befristeten Kündigungsverzichts in der Wohnraummiete fortentwickelt. Danach muss sich aus dem Text eines formularmäßigen Kündigungsausschlusses in Wohnraummietverträgen nicht explizit ergeben, dass das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrages unberührt bleibe.
Im Fall war im Wohnraummietvertrag folgende Regelung enthalten: "Mietzeit: Ab dem 01.11.2007 Unbefristet: Die Parteien verzichten wechselseitig für die Dauer von drei Jahren auf ihr Recht zur Kündigung! Eine Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraumes von drei Jahren mit der gesetzlichen Frist zulässig, also ab dem 30.10.2010 zum 01.01.2011 möglich!" Die Mieterin kündigte das Wohnraummietverhältnis schriftlich am 11.12.2008 zum Ablauf des 31.12.2008. Die Mieterin hält die Kündigungsverzichtsklausel für unwirksam, da sich aus ihr auch ergäbe, dass das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ausgeschlossen sei. Dem trat die Vermieterin entgegen und machte für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 Miete geltend.
Mit Erfolg. Eine Auslegung der Kündigungsausschlussklausel ergäbe, dass lediglich das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sei. Weitergehende Einschränkungen seien der Klausel aus Sicht eines verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Mieters nicht zu entnehmen. Darüber hinaus bestätigt der BGH in der aktuellen Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, nach der ein beidseitiger, zeitlich begrenzter formularmäßiger Kündigungsausschluss in Wohnraummiet- verträgen nur bis zur Höchstdauer von vier Jahren zulässig sei (BGH, Urt. v. 06.04.2005 – VIII ZR 27/04, NZM 2005, 419; BGH, Urt. v. 08.12.2010 – VIII ZR 86/10, NZM 2011, 150).
Unabhängig von der aktuellen vermieterfreundlichen Entscheidung sollte in Wohnraummietverträgen darauf geachtet werden, dass die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung berücksichtigt sind. Das betrifft einerseits die zeitlichen Grenzen eines befristeten Kündigungsausschlusses. Andererseits wird darüber hinaus vertreten, dass eine Formularklausel, die einen zeitlich befristeten Kündigungsausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts regelt, auch ein Flexibilitätskriterium berücksichtigen müsse, zumindest wenn eine Kündigungsausschlussklausel auch erkennbar auf Personen mit einem besonders schützwürdigen Mobilitätsinteresse zugeschnitten ist (BGH, Urt. v. 15.07.2009 – VIII ZR 307/08, NZM 2009, 779 "Studentenwohnung"; dazu Derleder, NZM 2012, 147 [149]). In dieser Hinsicht wird vorgeschlagen, in eine Kündigungsausschlussklausel folgende Regelung aufzunehmen: "Der Mieter kann seine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis verlangen, wenn er die Wohnung aus wichtigen persönlichen Gründen aufgeben muss" (Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., 2011, § 575 Rdnr. 88).
Haus & Grund Leipzig | RA Eric Lindner